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Auftaktveranstaltung am 07.12.2010 in der Humboldt-Viadrina School of Governance mit freundlicher Unterstützung des VDI - Verein deutscher Ingenieure und AREVA NP GmbH

 

WISSENSMANAGEMENT

 

Impulsstatement

Thomas Lehnert
Senior Editor Engeneering, Springer-Verlag GmbH

Die Diskussionsrunde

Dipl. Ing. Volker Wanduch
Bereichsleiter Technik und Wissenschaft, VDI - Verein Deutscher Ingenieure

Prof. Dipl.-Ing. Hermann Mohnkopf
Intellectual Property Manager, Rolls-Royce Deutschland

Dr. Wolfgang Dams
AREVA NP GmbH, Director R+D and Patentmanagement

Dr. Hagen Schulz-Forberg
Associate Professor for Global and European History, Aarhus University

Moderation

Tiemo Ehmke, FORUM46
Interdisziplinäres Forum für Europa e.V.

 

 

WISSENSMANAGEMENT

Impulsreferat von Thomas Lehnert (gekürzt)

Der Buchdrucker verfügt über geeignetes Wissen zur Herstellung von gedruckten Informationseinheiten, zu deren Verbreitung. Er beherrscht den Prozess wie kein anderer. Ohne Interaktion mit der Welt kann er sein Fachwissen zukünftig wahrscheinlich nicht mehr ausreichend nutzen. Als Unternehmer muss er sein Wissen interaktiv entwickeln um im Geschäft zu bleiben.Intelligenz sei eine Leistung (allein?) des Gehirns, und das Gehirn seinerseits das Produkt eines genetischen Kochrezepts, so ähnlich hätte es Craig Venter vielleicht vor 10 Jahren noch formuliert. „Die Revolution hat erst begonnen“ – damit behält er sicherlich Recht. Mit einem guten Kochbuch allein kann ich noch kein Restaurant führen. Wissen ist mehr als eine strukturierte Informationsmenge. Was haben Kultur und Biologie gemein? Ich bin davon überzeugt, dass diese Frage sich bald – wenigstens in der Hirnforschung – besser beantworten lassen wird als heute. Goethe bezeichnete in seinen Urworten den menschlichen Charakter als Dämon, dieser sei geprägte Form, die sich lebend entwickelt. Macht dieses Zusammenwirken von Prägung und Entwicklung unser Wissen aus – und wie wollen wir dieses Zusammenwirken managen?Wissensmanagement – wird als ein zusammenfassender Begriff für alle strategischen und operativen Tätigkeiten und Aufgaben verstanden, die auf den bestmöglichen Umgang mit Wissen abzielen. Wachstum ist dabei Motivation, um Wissen zu sichern und zu erweitern. Wissensmanagement wird als methodische Einflussnahme auf die Wissensbasis einer Organisation oder Person (Persönliches Wissensmanagement) verstanden. Die Wissensbasis bezeichnet die Einheit von Daten und Informationen, Wissen und Fähigkeiten, die diese Organisation oder Person zur Lösung ihrer Aufgaben hat. Wir sprechen also nicht nur über Informationen – sondern über den Umgang damit im gesellschaftlichen Kontext. Je breiter die Basis dafür gewählt wird, um so gesicherter ist das Ergebnis.Wissen („ich habe gesehen“) wird häufig unscharf als wahre, gerechtfertigte Meinung bestimmt. Wissensgeschichtlich gibt es kein Wissen an und für sich, sondern „Wissen wird von Gesellschaften immer nur zur Bewältigung ihrer jeweiligen Realitäten hergestellt und angewandt“. Die Gültigkeit von Wissen ist begrenzt durch den gesellschaftlichen Rahmen und einen „bestimmten historischen Zeitraum“, in dem Wissen einen „Wissensstatus reklamieren kann“. Ohne humanes, individuelles, im Einzelnen nicht vollständig planbares Zutun, ohne angemesseneindividuelle Einstellungen und Arbeitsmotivationen funktionieren Arbeitsprozesse nicht und kontraproduktive Effekte werden wahrscheinlicher. Das gilt auch und besonders für das Wissen.In der Philosophie besteht keine Einigkeit über die korrekte Bestimmung des Begriffs „Wissen“. Zumeist wird davon ausgegangen, dass wahre, gerechtfertigte Meinung nicht ausreichend für Wissen ist. Zudem hat sich ein alternativer Sprachgebrauch etabliert, in dem „Wissen“ als vernetzte Information verstanden wird. Entsprechend dieser Definition werden aus Informationen Wissensinhalte, wenn sie in einem Kontext stehen, der eine angemessene Informationsnutzung möglich macht. Daher ist es für die Archivierung zunächst unerheblich, ob Wissen nach der Form der Verfügbarkeit oder nach der Herkunft des Wissens geordnet wird, ob es apriorisch oder Wissen a posteriori bezeichnet wird – oder ob es deklaratives und prozedurales Wissen umfasst. Nicht einmal die Dauer der Gültigkeit des Wissens ist für die Archivierung interessant, im Gegenteil, Verlage und Bibliotheken haben die Aufgabe hierbei nicht bewertend selektiv vorzugehen. Hingegen soll bei der Aufnahme neuer Information der Kontext immer dann bewertend herangezogen werden, wenn es um die Originalität und Korrektheit der Erzeugung der Information geht.Wissen bezeichnet im größeren Rahmen die Gesamtheit aller organisierten Informationen und ihrer wechselseitigen Zusammenhänge, auf deren Grundlage ein vernunftbegabtes System handeln kann. Wissen erlaubt es einem solchen System – vor seinem Wissenshorizont und mit der Zielstellung der Selbsterhaltung – sinnvoll und bewusst auf Reize zu reagieren.- Bedeutet Wissensmanagement also vielleicht vor allem die Bereitstellung und geeignete Verfügbarkeit von ausreichend vernunftbegabten Systemen (Humanressourcen) und deren Zugang zu global vorhandenen Information?- Ist Wissensmanagement untrennbar verbunden mit der stetigen Auseinandersetzung der vorhandenen Humanressourcen mit der global verfügbaren Information und der Interaktion darüber zwischen den Individuen im Unternehmen?- Muss Wissensmanagement auch die notwendige Publikation von Information im gesellschaftlichen Rahmen als zentrale Aufgabe verstehen?- Sprechen wir also heute über die Rolle des Wissensmanagements im Kontext der freien Wissenschaft?

Thomas Lehnert ist Senior Editor Engeneering bei der Springer-Verlag GmbH in Berlin.

Das vollständige Impulsreferat und einige Eindrücke der Veranstaltung finden Sie hier:
>>> vollständige Dokumentation als PDF

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