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Am Donnerstag, den 2. Juli 2009 um 19:00 Uhr veranstaltete das
FORUM46 gemeinsam mit der Humboldt-Viadrina School of Governance
und der Heinrich Böll Stiftung den XI. Interdisziplinären Salon für Europa.

Unser Thema war:

CREATIVE INDUSTRIES

Business der Zukunft oder Floskel?

Die Diskussionsrunde

Dr. Elke Ritt
Head of Creative Europe Programme, British Council

Ares Kalandides
Geschäftsführer, INPOLIS UCE GmbH | Vorsitzender von "Create Berlin"

Dörte Höppner
Managing Director, Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften e.V. 

 

Moderation

Tiemo Ehmke
FORUM46 - Interdsiziplinäres Forum für Europa e.V. 


Leitfragen

Im europäischen Jahr der Kreativität und Innovation verglichen wir europäische Modelle und Ideen zur praktischen Gestaltung einer Wissensgesellschaft mit dem Fokus auf die Kreativwirtschaft. Uns interessierten dabei weniger die Definitionsprobleme, als vielmehr Best-Practice-Beispiele aus Europa, die konkret zeigen, wie mit dem Übergang von der Hand zur Kopfarbeit umgegangen wird. Welche gesellschaftlichen Bedingungen sind dafür notwendig? Wie werden diese kulturell und ökonomisch bewertet? Wie sind die Transfers organisiert sind und welche Geschäftsmodelle haben Erfolg? 

 

Report

Von Tiemo Ehmke, FORUM46

Anhand der Fragen und Meinungsäusserungen war festzustellen, dass es nach wie vor an einem Grundverständnis in der Gesellschaft für das Konstrukt der Kreativwirtschaft fehlt, vor allem bei denjenigen, die nicht unmittelbar mit diesen Sektoren zu tun haben, aber auch bei Kreativen, die sich neu eingeordnet sehen, ohne das dies Relevanz für ihre persönliche Arbeit hätte. Bei anwesenden Künstlern wiederum stiessen die Erwartungen an die Akteure der Kreativwirtschaft seitens der Öffentlichkeit, dass ihr Schaffen auch das soziale und wirtschaftliche Umfeld aufwerten soll (Stichwort Gentrifizierung, wie es Ares Kalandides im Zusammenhang mit der Governanceproblematik beleuchtete) auf Unverständnis und Ablehnung. Wir interpretieren dies u.a. als grundlegendes Rollenproblem ähnlich dem Wissenschaftsunternehmer, der im besten Fall die Verbindung vom System Wissenschaft und System Wirtschaft darstellt, in der Praxis aber meist die Entscheidung zwischen beiden treffen muss. Das dies vor allem eine deutsches Problem sei, argumentierte Elke Ritt im Vergleich mit der Praxis und Diskussion in Grossbritannien.

Neben der notwendigen Darstellung bereits viel diskutierter und im Ansatz auch praktizierter neuer Finanzierungsformen in der Kreatviwirtschaft wurde der Abend temporär durch einen ambivalenten Schlagabtausch des Publikums mit der Vertreterin der Kapitalbeteiligungsgesellschaften Dörte Höppner begleitet. Hier bleibt zu resümieren, dass seitens des Publikums eine tiefe Skepsis besteht, inwiefern übliche renditeorientierte Beteiligungen in der Kreativwirtschaft funktionieren können, obwohl dies bei wissensgetriebenen Unternehmen ja bereits auch der Fall ist, wie Frau Höppner anhand von Beispielen darstellen konnte. Vertieft werden sollte in diesem Zusammenhang das Thema der Bewertung immatrieller Vermögen von Unternehmen wie es z.B. die Wissensbilanz systematisiert sowie die Verwertungs- und Schutzrechte, die als eine europäische Initiative entwickelt werden könnte.

Die Vielschichtigkeit des Themas verbunden mit der Querschnittsfunktion der Kreativwirtschaft in der gesellschaftlichen Debatte und  ihrer  unmittelbaren Bedeutung für Berufsbiografien und Rollenprofile liessen keinen „geraden“ Weg der Diskussion und eindeutige Ergebnisse zu. Insbesondere fiel es nicht einfach, den Bogen von der Kreativwirtschaft als Phänomen und neues politisches Handlungsfeld hin zum Indikator für eine neue  Form des Arbeitens und Lebens generell herzustellen. Die fundamentalen Umbrüche, die sich hier ja nur anzeigen, werden zumeist nicht ausreichend anerkannt oder ernsthaft besprochen. Die sektorale Abgrenzung – vorgenommen aus statistischen Zwecken – führt in der Debatte wieder zu Containerdenken, das weder den Lebenswelten noch der Berufspraxis von Kreativen gerecht wird, wenn diese radikal innovativ denken und handeln.

 

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